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Extras

Künstler

2021.04.23

TORIENA Interview

TORIENA startete ihre Karriere 2012 in Kyoto und gründete bereits 2013 ihr eigenes Chiptune Label „MADMILKEY RECORDS“. Ihre Musik bewegt sich irgendwo zwischen eingängiger und Hardcore Chiptune Musik, für die sie einen Game Boy und andere elektronische Musikinstrumente einsetzt. Dabei sucht ihr energetischer Perfomance-Stil seinesgleichen.

Im August 2020 veröffentlichte sie neben einem exklusiven Demo Track für die zweite Generation des volca sample ihr eigenes, exklusives Sample Pack für eben dieses Instrument. Ihr aktuellstes Album "PURE FIRE" folgte kurz darauf im September desselben Jahres. Tauchen wir gemeinsam in die Welt von TORIENA ein!

TORIENA's Demo Track für den volca sample

Bitte erzähl‘ uns von deinen musikalischen Wurzeln.

TORIENA: Mein Vater war ein großer Reggae Fan, und wir hatten eine große Plattensammlung und eine riesige Anlage zuhause, also habe ich abends immer eine Menge Schallplatten gehört. Ich denke, dass ich aus diesem Grund bereits ziemlich früh mit dieser Art von Musik vertraut war. Mein persönliches Interesse an Musik entwickelte sich glaube ich, als ich mich in Hilary Duff verliebte, die ich in einem Teenager Drama von Disney entdeckt hatte, und daraufhin ihre CD kaufte. Das war das erste Mal in meinem Leben, dass ich mir eine eigene CD gekauft habe. Danach wurde mein Interesse für westliche Musik geweckt, und ich begann, MTV zu schauen, wodurch ich auf Acts wie Daft Punk, Kraftwerk und Björk aufmerksam wurde. Auf diese Weise wurde wohl mein Interesse an elektronischer Musik geweckt. Im Bereich japanischer Musik mochte ich gerne Polysics, hörte aber auch P-MODEL und PLASTICS. Nichtsdestotrotz war ich auch an Bands aus der Emo-Szene interessiert, aber auch an Progressive Rock Acts wie Dream Theater oder YES. Natürlich mochte ich auch Punk Rock von z. B. Green Day, aber als ich darüber nachdachte, welche Art von Musik mir am besten gefiel, war es eigentlich immer die elektronische Musik, mit der ich mich am wohlsten gefühlt habe

Hattest Du auch schon in Deiner Schulzeit mit Musik zu tun?

TORIENA: In der Schule war ich in einer Brass Band aktiv. Ich wollte unbedingt Saxophon spielen, bin dann aber bei der Tube gelandet (lacht). Weil die AG nicht viele Mitglieder hatte, musste ich sowohl Bass, Tuba und Kontrabass spielen. Dafür habe ich mir damals auch extra einen E-Bass zugelegt. Außerdem habe ich im Alter von drei Jahren mit Ballett angefangen, und habe so auch klassische Musik zu schätzen gelernt und entsprechend viel gehört.

Was hat Dich dazu gebracht, eigene Musik zu komponieren?

TORIENA: Ich wollte schon immer versuchen, eigene Musik zu schreiben! In der High Scholl habe ich damit angefangen, Songs mit einem Nintendo DS Spiel namens „Band Brothers“ zu komponieren. Ich habe auch mit der ersten Domino Sequencer Software herumexperimentiert. In meinem Abschlussjahrgang hat mich dann ein Freund zu einem Event mit Live-Malerei eingeladen, wo ich zum ersten Mal elektronische Musik wie Trance und Minimal in einer lauten Club-Atmosphäre gehört habe. Das hat mich schwer beeindruckt, und so beschloss ich, dass ich selbst auch elektronische Musik machen will. In meinem ersten Jahr auf dem College habe ich dann richtig damit losgelegt. Ich habe mir einen Teilzeitjob gesucht und mir von dem Geld eine DAW und ein Paar Studiomonitore gekauft. Zu dem Zeitpunkt hatte ich noch keine wirklichen Ziele für mich gesteckt, sondern ich wollte einfach nur Hard-Minimal Musik machen. Hard-Minimal war für mich interessant, weil ich einfach neue Sachen ausprobieren wollte. Ich habe nie gedacht „Okay, jetzt werde ich Künstler!“, sowas kam mir zu der Zeit überhaupt nicht in den Sinn (lacht). Ich hatte schon eine Art Sehnsucht nach der ganzen Szene, aber ich hätte nie daran geglaubt, dass ich tatsächlich einmal eine Künstlerin werden könnte. Ich war einfach nur Musikliebhaberin.
 

Hast Du Dir Musikproduktion und -theorie selbst beigebracht?

TORIENA: Ja, als ich damit angefangen habe, Musikproduktion zu erlernen, war das zunächst einmal rein aus Spaß an der Sache. Die DAW Software war relativ schwer zu erlernen, und ich hatte keine Ahnung davon, wie man eigene Sounds erzeugt oder Dinge miteinander verbindet. Zu der Zeit war die Bedroom Producer Szene noch nicht sehr groß, weshalb man kaum Informationen dazu im Internet finden konnte. Verglichen damit ist es heutzutage einfach super praktisch, dass so gut wie alle Informationen online zugängig sind (lacht)!


Weitere Infos zum microKORG finden Sie hier.
 

Wie bist Du zu Hardware Synthesizern gekommen?

TORIENA: Mein Vater hatte einen eigenen Synthesizer, und ich habe schon damit gespielt, seit ich denken kann. Das war der erste Synthesizer in meinem Leben. Als ich beschlossen habe, Musik zu machen, wusste ich, dass ich einen Synthesizer brauche. Also habe ich mir einen microKORG gekauft, der auch damals schon sehr beliebt war. Es hat mich einfach fasziniert, dass ich völlig andere Klänge erzeugen konnte als die üblichen Keyboard-Sounds wie Piano und Orgel, und auch der Vocoder hatte es mir angetan. Die Bedienung über die Auswahl der Musik-Genres mit dem großen Drehregler auf der Bedienoberfläche des microKORG war für mich sehr leicht verständlich. Außerdem hat mir gefallen, dass da alle musikalischen Stile aufgelistet waren, die mich auch tatsächlich interessierten! Ungefähr zur selben Zeit habe ich auch damit angefangen, auch Sounds aus dem Game Boy mit in meinen Kompositionen zu verarbeiten. Ich glaube, mit Hardware Synthesizern Musik zu komponieren ist ähnlich wie nur mit einem Bleistift zu zeichnen. Wenn man mit Software zeichnet, stehen einem unbegrenzt viele Werkzeuge zur Verfügung, aber mit Hardware gibt es naturgemäß gewisse Limitierungen, übertragend gesagt „Bitte zeichnen Sie nur mit diesem Set farbiger Holzmalstifte“. Diese Einschränkungen lassen die Arbeit minimalistischer und ausgefeilter werden, und lassen außerdem auch Raum für gewisse Lücken. Diese Lücken können durch die Vorstellungskraft des Hörers gefüllt werden, wodurch jeder für sich die Musik etwas anders erlebt. Außerdem weisen Hardware Sounds deutlich mehr Rauheit auf als solche aus Software Instrumenten. Diesen Unterschied kann man beispielsweise draußen im Club ganz besonders deutlich hören, Hardware klingt da einfach so viel besser!
 

Was inspiriert Dich beim Komponieren?

TORIENA: Meistens arbeite ich an neuen Tracks, wenn etwas in meinem Privatleben passiert und meine Emotionen daher gesteigert sind, oder wen ich Freude, Wut oder Traurigkeit durchlebe. Es ist nicht so, dass ein Song zu mir kommt, vielmehr begebe ich mich auf die Suche nach ihm. Es ist fast so als würde ich komponieren ohne darüber nachzudenken. Natürlich muss ich mir schon Gedanken machen, wenn ich gebeten werde, einen speziellen Track als Auftragsarbeit anzufertigen, aber wenn es um meine eigene Musik geht, denke ich wirklich kaum darüber nach. Wenn ich zu viel über einen Track nachdenke, führt das meistens zu nichts. Deshalb sitze ich lieber auf meinem Stuhl, schalte den Kopf aus, bastle an neuen Sounds und kreiere so letztendlich einen neuen Track. Während ich an einem Track arbeite, beginnt der Prozess immer mehr Spaß zu machen… Ich glaube, da geht so etwas wie eine „unbewusste Manifestierung“ für mich vonstatten. Es gibt Dinge über mich selbst und meine Gefühle, die mir eigentlich gar nicht bewusst sind, und diese scheinen genau dann Form anzunehmen, wenn ich Musik mache. Früher habe ich meistens zuerst eine Melodie im Piano Roll Editor geschrieben, aber mittlerweile arbeite ich eher so, dass ich einen Track zunächst ohne Melodie produziere und danach zum Mikrofon greife und sowohl Melodie als auch Text gleichzeitig improvisiere. Außerdem ist Tanzen für mich sehr wichtig (lacht). Nachdem ich einen Song bis zu einem gewissen Punkt produziert habe, mache ich eine Pause und höre ihn mir an, während ich dabei im Raum herumlaufe. Dadurch bekomme ich einen anderen Blickwinkel auf den Song und finde auf diesem Wege Dinge, die ich noch hinzufügen kann.

  • "Ich glaube, da geht so etwas wie eine „unbewusste Manifestierung“ für mich vonstatten. Es gibt Dinge über mich selbst und meine Gefühle, die mir eigentlich gar nicht bewusst sind, und diese scheinen genau dann Form anzunehmen, wenn ich Musik mache."

Wie hast Du damit angefangen, Chiptune Musik zu machen?

TORIENA: Ich habe die Universität in Kyoto besucht, und da gibt es einen Ort, der sich „Cafe La Siesta“ nennt, an dem sich die örtliche Chiptune Musikszene getroffen hat. Ein Seniormitglied meines Muiskclubs an der Universität hat mir das „Cafe La Siesta“ gezeigt und mir eine Software zum Komponieren auf dem Game Boy gegeben. Diese Software war schwer zu verwenden, weshalb ich sie zunächst links liegen gelassen habe. Aber plötzlich wurde ich dazu eingeladen, an einem Konzert teilzunehmen, und war deshalb gezwungen, einen Song für diesen Zweck zu produzieren. Also musste ich mich in die Bedienung reinfuchsen und einen Track basteln. Ich habe es gerade noch so geschafft, ihn rechtzeitig zum Konzert fertigzustellen, und dann durfte ich erfahren, wieviel Spaß es macht, live zu performen. Ich denke, meine eigentliche Karriere begann somit im Jahr 2012.

Weitere Informationen zum volca sample finden Sie hier.

Wie gefällt Dir der neue volca sample?

TORIENA: Das Teil ist tatsächlich eine Kombination aus Hardware und Software, weil man Samples via USB hineinladen kann, wodurch sich jeder Sound verwenden lässt, den man möchte. Ich denke, er ist besonders für Leute geeignet, die ihre Sounds tatsächlich „anfassen“ möchten. Ich mag einfach das Gefühl, dass ich einen Sound in den volca sample laden kann, um ihn dann durch einfaches Drehen der Regler weiter zu editieren. Außerdem mag ich besonders, dass ich schnell und unkompliziert jedes Sample austauschen kann, ohne dabei die Sequenz ändern zu müssen, die ich gerade verwende. Er ist auch sehr kompakt, wodurch er sich leicht überall mit hinnehmen lässt. Ich denke, er ist sehr gut dafür geeignet, ihn mit auf Tour zu nehmen und unterwegs ganz entspannt an neuen Tracks zu arbeiten, ohne dabei viel nachdenken zu müssen.

 

Erzähl uns doch bitte von dem Sample Pack, dass Du für den volca sample erstellt hast

TORIENA: Ich habe einige ikonische Chiptune- und Videospiele-Sounds, Vocals und andere Sounds, die ich sehr inspirierend fand, hineingepackt. Für den Demo-Song habe ich tatsächlich sehr viele Werks -Samples aus dem volca sample verwendet, weil sie mir so gut gefallen haben!
 

Hier finden Sie weitere Informationen zum TORIENA Sample Pack

Hast Du eine bestimmte Vorgehensweise beim Komponieren?

TORIENA: Das ist von Song zu Song unterschiedlich, aber meistens fange ich damit an, mit Synth Sounds herumzuspielen. Als nächstes lege ich die ungefähre BPM Zahl fest. Ich neige dazu, relativ früh den Haupt-Drum-Groove fertigzustellen. Ich beginne mit Kick, Snare, Clap, Hi-Hats usw. und füge dann erst den Bass oder die Melodie hinzu. Heutzutage mag ich es auch gerne, die BPM zu verdoppeln. 240 BPM zum Beispiel klingen zunächst einmal sehr schnell, aber es handelt sich einfach um eine Verdopplung von 120 BPM. Ich mag es auch, mitten im Song das Tempo zu halbieren, um ihm dadurch noch mehr Tiefe zu verleihen.
 

Also legst Du die Akkordfolge erst später fest?

TORIENA: Für Songs, bei denen Akkordfolgen wichtig sind, lege ich normalerweise zunächst eine grobe Soundstruktur im Hinblick auf Akkorde, Melodie und Bassline fest und arbeite mich dann weiter voran. Aber diese Methode verwende ich nicht sehr oft. Ich neige eher dazu, mit der Rhythmussektion aus Drums und Bass zu beginnen, und versuche dabei, keine komplizierten Akkordfolgen zu verwenden. Wenn die Akkordfolgen zu kompliziert sind, hört sich der Song nachher zu vollgestopft und vage an. Ich glaube, das einfache Akkordfolgen dem Song zu einer gewissen Einheit verhelfen können, besonders in meinem Genre.

 

Wie ist Dein Ansatz beim Mixing?

TORIENA: Für mich ist Mixing ein Prozess, der bereits simultan zum Komponieren läuft. Ich sehe Mixing und Mastering als Teil des Klangfindungsprozesses an. Wenn es im letzten Produktionsschritt klare Unterschiede in den Lautstärken gibt, regle ich natürlich noch einmal etwas nach, aber ich fange nicht damit an, alles neu zu mixen. Natürlich kommt es auch vor, dass ich an einem Album arbeite und einen Song hinzufügen möchte, den ich vor langer Zeit geschrieben habe. Diesen mixe ich dann unter Umständen tatsächlich neu, wenn ich das Gefühl habe, das der Mix sonst nicht gut genug wäre.

Hier finden Sie weitere Informationen über das Software-Instrument M1 for Mac/Win, das auf TORIENA's aktuellem Album "PURE FIRE" verwendet wurde.

Hast Du irgendwelche Tipps zur Musikproduktion, die Du mit uns teilen möchtest?

TORIENA: Ich benutze gerne ausufernde Pitch Bends. Dafür Automationen zu programmieren, ist ziemlich nervig, aber wenn man es richtig macht, kann es den Song dramatisch verbessern. Außerdem benutze ich sehr oft umgedrehte Samples. Wenn man z. B. einen umgedrehten Clap-Sound vor eine Clap setzt, hört sich das gleich so viel cooler an (lacht)! Wenn der Buildup vorbei ist und Du bereit bist, in den Drop zu wechseln, verwende ich gerne einen umgedrehten Kick Sound, was dem Song einen gewissen Hauch von Fortschritt und Geschwindigkeit verleiht. Auch in der volca sample Demo habe ich die Sample Reverse Funktion häufig eingesetzt. Ein weiterer Tipp wäre, dass ich ein Saturator Plug-In verwende, wenn die Vocals sich nicht im Mix durchsetzen können. Wenn ich es damit übertreibe, wird es zu laut, aber mit Maß eingesetzt erzeugt dies eine leichte Verzerrung, die genau richtig ist und den Klang stark verbessert. Außerdem verwende ich aktuell gerne Enhancer Plug-Ins. Für mich ist Vocals mixen der schwierigste Part im ganzen Songwriting-Prozess. Ach ja, ich habe auch auf jedem Kanal ein Limiter- und ein Compressor-Plug-In laufen, nur für den Fall der Fälle.

TORIENAs "Break Me Down" vom Album "PURE FIRE"

An welcher Art Musik hast Du kürzlich gearbeitet?

TORIENA: Das Album „PURE FIRE“ wurde letztes Jahr veröffentlicht (2020), und ich war dabei sehr stark eingebunden, ich habe sogar das Artwork für die Hülle selbst gestaltet. In der Vergangenheit hat man mir oft gesagt, dass, wenn ich nicht singe oder die BPM zu schnell sind, sich niemand meine Musik anhören wird usw. Aber diesmal habe ich alle mentalen Grenzen hinter mir gelassen und einfach Songs gemacht, die ich machen wollte, ohne dabei auf irgendetwas anderes zu achten. Gerade einmal zwei der zehn Songs haben überhaupt Vocals, und auch die sind hauptsächlich instrumentaler Art. Ich bereue nichts! Es ist ja nicht so, dass ich die Leute anflehen möchte, sich meine Musik anzuhören. Ich habe einfach gemacht, worauf ich Lust hatte, das ist alles.

 

Gibt es bestimmte Songs auf dem Album „PURE FIRE“, die Du besonders magst?

TORIENA: Das wäre wohl definitiv „Break Me Down“. Ich hatte in meinem Leben mit Depressionen zu kämpfen, aber ich bin darüber hinweg gekommen, und dieser Song steht dafür, wo ich mich heute befinde.

  • "Eure körperliche Verfassung ist sehr wichtig. Ihr solltet in bester Verfassung sein, um auch die bestmögliche Musik machen zu können!"

Was möchtest Du Leuten mit auf den Weg geben, die damit anfangen wollen, Musik zu produzieren?

TORIENA: “„Gefühle sind wichtig!“, glaube ich (lacht). Man kann keine Musik machen, wenn man nicht in der richtigen Verfassung dazu ist. Natürlich gibt es Dinge wie Technik und Lernen, aber die Grundlagen sind wichtiger. Im Prinzip ist es ganz einfach: Zwingt Euch nicht dazu, Musik zu machen, wenn Ihr Euch nicht gut fühlt. Man kann nur dann die bestmögliche Musik machen, wenn man selbst in einer Top-Verfassung ist: Esst drei Mahlzeiten am Tag, tut das, was Euch gefällt, schlaft ausreichend viel… Eure körperliche Verfassung ist sehr wichtig. Ihr solltet in bester Verfassung sein, um auch die bestmögliche Musik machen zu können!



TORIENAs offizielle Website
http://english.toriena.net/

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