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Künstler

2022.01.31

Interview mit Yuzo Koshiro: KORG opsix / KORG wavestate

In der MI-Branche werden FM-Klangerzeuger in der Regel mit digitalen Synthesizern wie dem DX-7 von Yamaha in Verbindung gebracht, Yamahas Soundchips haben auch die Welt der Computerspiele-Musik und der Handy-Klingeltöne maßgeblich beeinflusst.
Wir fragten den Komponisten Yuzo Koshiro, der seine musikalische Karriere am Klavier begann und später die FM-Synthese nicht mit Synthesizern, sondern mit Soundchips beherrschte, nach seinen Eindrücken vom modernen FM-Synthesizer "opsix".

Yuzo Koshiro

Yuzo Koshiro ist Komponist und Spieleproduzent, er arbeitet hauptsächlich an der Musik für Computerspiele. Er ist Präsident der Spieleproduktionsfirma Ancient Corp. Zu seinen repräsentativen Werken gehören "Ys", "Ys II", "Sorcerian", "Actraiser", "Shenmue", "Wangan Midnight Maximum Tune", "Labyrinth of the World Tree" und andere.
 

F: Bitte erzählen Sie uns von Ihrer ersten Begegnung mit Synthesizern und KORG.

Der erste Synthesizer, den ich besaß, war der KORG Delta. Ich hatte einen pianistischen Hintergrund, also war ich auf der Sche nach einem polyphonen Synthesizer. Ich bin zufällig über den Delta gestolpert und habe meine Eltern überredet, ihn mir zu kaufen. Während der gesamten Junior High School habe ich damit herumgespielt und sogar versucht, einige meiner Lieblingssongs aus Videospielen damit nachzuspielen. Allerdings hatte ich weder einen Computer noch Zugang zu einem Sequenzer, also spielte ich alles von Hand.

Als ich in die High School kam, kaufte ich einen Computer. Es war die erste Generation eines PC-8801 (NEC), aber es gab keine Software für Musikproduktion. Während dieser Zeit brachte eine Firma namens AMDEK (heute Roland DG) den CMU-800 auf den Markt und ich konnte diesen problemlos mit dem Computer steuern. Ich konnte nicht aufhören, damit herumzuspielen und ich erinnere mich, dass ich damit Songs aus "The Tower of Druaga" usw. programmierte.

Es sollte aber noch ein wenig dauern, bis ich mich wirklich mit Synthesizern beschäftigte. Bis dahin nutze ich den PC-88SR (PC-8801 MK II SR) (NEC), der es mir ermöglichte, FM-Klangquellen zu verwenden. Ich begann, Musik für Videospiele zu programmieren und bewarb mich bei Falcom, wo ich an "Ys" und "Sorcerian” arbeitete. Einige Jahre lang verwendete ich einen Yamaha-Chip ("YM2203"), um Musik auf meinem Computer zu programmieren.

Ich wollte jedoch, dass meine Musik schillernder und reichhaltiger klingt. Als ich mich mit einem Bekannten darüber unterhielt, empfahl er mir das KORG M1, das er für sehr gut hielt. Ich kaufte also den M1 und damit war mein zweiter Synthesizer auch ein KORG!

F: Ich habe gehört, dass Sie sich seit dem Aufkommen der PC-Musik mit dieser beschäftigt haben, aber wie programmieren Sie überhaupt die Spielemusik?

Es ist nicht viel anders als die Programmierung eines Spiels, in dem Sinne, dass ich einen Soundtreiber erstellen muss.

F: Da wir heute hier sind, um u.a. über opsix zu sprechen, würde ich Ihnen gerne ein paar Fragen zu "FM" stellen. War die Yamaha-Chip-Soundquelle ein System mit vier Operatoren?

Ja, vier Operatoren.

F: Waren die Parameter die Gleichen im Vergleich zu einem Yamaha DX-21, den Sie besitzen?

Was den DX-21 betrifft, so ist es fast dasselbe. Allerdings sind die MIDI-Steuerungen begrenzt, und der Chip kann eine Menge kniffliger Dinge tun, wenn er direkt gesteuert wird. Ich hatte an etwas gearbeitet, das dem ähnelte, was heute als Modulationsmatrix bekannt ist. Wenn ich zurückblicke, war ich wohl so etwas wie ein Vorreiter auf diesem Gebiet!

Anfangs waren maximal drei FM-Sounds und drei PSG-Sounds (Programmable Sound Generator) möglich. Da ich als Pianist angefangen habe, fühlte es sich sehr einschränkend an, nicht alle zehn Finger benutzen zu können und ich dachte, ich könnte meine Akkorde nicht so intonieren, wie ich es wollte. Damals gab es jedoch noch keine Synthesizer und ich hatte mir angewöhnt, Musik zu komponieren, indem ich Werte direkt über die Tastatur in den Computer eintippte, so dass ich von Natur aus eher einen monophonen Ansatz verfolgte, als in Polyphonie oder Akkorden zu denken. Das hat mir sehr geholfen zu verstehen, wie eine einzige Veränderung einer Note die Gesamtstimmung der Komposition beeinflussen kann.

F: In diesem Sinne ist diese Arbeitsweise vielleicht der Musik der Barockzeit ähnlich.

Ich glaube, Musikschüler lernen Dinge wie den Kontrapunkt, aber ich habe diese Dinge selbst erkannt und daran gearbeitet. Für mich war das eher eine Frage des Geschmacks als der Theorie. Das SNES (Super Nintendo Entertainment System) hatte acht gesampelte Stimmen und "Actraiser" war damals ein sehr berühmtes Spiel, weil es selbst mit solchen Einschränkungen ein Orchester wiedergeben konnte.

F: Ich habe gehört, dass Sie mit Klavier angefangen haben und Ihre Mutter Klavierlehrerin war. Joe Hisaishi hat Sie auch unterrichtet.

Meine Mutter war lange Zeit Gymnasiallehrerin und sie war eine Lehrerin von Joe Hisaishis Frau. So lernte ich Mr. Hisaishi kennen. Was er mir beibrachte war Improvisation. Wenn Mr. Hisaishi eine Phrase spielte, sagte er: "Spiel den Rest der Phrase". Ich würde sagen, mehr Praxis konnte man gar nicht bekommen! Wenn wir heute Unterricht nehmen, würden wir wahrscheinlich mit den Grundlagen beginnen: Harmonie, Akkorde und Rhythmus. Trotzdem würde Herr Hisaishi mir sagen, ich solle "einfach instinktiv spielen", ohne richtige Ausbildung oder Theorie...

Andererseits war der Stil meiner Mutter klassisch und orthodox, sie ging Schritt für Schritt vor, von Geläufigkeitsübungen bis hin zu Sonaten.

F: Wenn man sich Ihre SNS anschaut, hat man den Eindruck, dass Sie der Typ Mensch sind, der instinktiv das in die Tat umsetzt, dass was Sie sagen, es auch tun wollen. Vielleicht hat die Ausbildung von Herrn Hisaishi auf Sie abgefärbt?

Wenn ich eine Idee im Kopf habe, bin ich meist schon dabei, sie in dem Moment umzusetzen. Trotzdem kann es etwas anstrengend werden, während ich an einem Song arbeite, also versuche ich, zwischendurch Pausen zu machen, aber wegen der Pandemie kann ich nicht so oft rausgehen. Stattdessen sammle ich Synthesizer und mache verschiedene Sounds und so sieht dann meine Pause aus.

F: Warum sind Sie wieder zu Hardware-Synthesizern zurückgekehrt?

Der Hauptgrund ist, dass Hardware-Synthesizer ihre eigenen "Persönlichkeiten" haben. Natürlich liegt es zum Teil daran, dass ich daran gebunden war, Songs am Computer zu schreiben und ich begann zu bemerken, dass der Sound eines Software-Synthesizers der Gleiche ist - egal welche Art von Synthesizer man kauft. Es ist sehr gut, dass man schnell laden kann, was man vorher gespeichert hat und sich an die Arbeit machen kann, aber es gibt keine physische Verbindung zwischen dem, was man im Kopf hat, und der Musik, die produziert wird. Wenn Sie auf der Suche nach echter "Einzigartigkeit" sind, können Sie mit dem Sound von Hardware-Synthesizern nichts falsch machen, vor allem nicht mit den alten. Die Komponenten sind nicht so gut, aber sie sind so konstruiert, dass sie auch mit dieser begrenzten Technologie bzw. Komponenten den bestmöglichen Klang erzeugen. Ich glaube, dass bei Hardware-Synthesizern wirklich eine große Handwerkskunst erkennbar ist.

F: Welches ist Ihr Lieblingsinstrument?

Ich habe meinen M1 einmal verkauft, also habe ich den M1R wieder gekauft und natürlich habe ich auch die M1-Software (die alte KORG Legacy Collection, jetzt die KORG Collection). Ich will die Software nicht schlecht reden, aber der Sound schien anders zu sein als der des M1, den ich früher besaß. Es stimmt zwar, dass sie fast identisch klingen, aber das Gefühl der Tiefe ist völlig anders. Als ich den M1R kaufte, wurden deshalb einige Erinnerungen an die Vergangenheit wach. Wenn ich einen Song mit der M1 aufnehme, mache ich zuerst die Parts mit der Software-Version und nehme dann den eigentlichen Take mit der Hardware-Version auf. Die Software hat den Vorteil, dass sie alle Soundkarten enthält.

F: Sie haben nun den opsix gespielt, wie finden Sie diesen Synthesizer?

Ich programmiere schon seit langem Yamaha-Chips, daher bin ich mit ihrer internen Struktur vertraut. In dem Moment, in dem ich den opsix sah, wusste ich sofort, dass er so konzipiert war, dass ich die Operatoren einstellen konnte und dass die Knöpfe darüber zur Auswahl des Verhältnisses dienen würden. Der opsix verkörpert die charakteristischen Merkmale von "FM" und ist sehr einfach zu bedienen. Man kann den Sound verändern, während die Sequenz läuft. In diesem Sinne denke ich, dass mit dem "opsix" wahrscheinlich das erste Mal die FM-Synthese auf solch eine eindrucksvolle Weise an die Öffentlichkeit gebracht wurde. Die LEDs an den Operator-Mischern können ihre Farbe ändern, da wusste ich sofort, dass es sich um Carrier und Modulatoren handeln muss. Ich musste also gar nicht in die Bedienungsanleitung schauen, ich habe einfach die Oberfläche gecheckt.

F: Da Sie das Handbuch nicht gelesen haben, haben Sie von den 5 Operator-Modi erfahren?
(Das Interview wurde vor der Veröffentlichung von opsix v2.0 geführt)

Natürlich wusste ich sofort, dass ich dort die Obertöne umschalten kann, aber es war eine Möglichkeit, die Variation des Klangs zu erweitern, nicht wahr? Es ergeben sich zwei Ansätze: zum Einen geht es bei FM darum, wie viel wir mit einer Sinuswelle erzeugen können, daher wähle ich nicht oft andere Wellenformen, wenn ich meine eigenen kreiere. Andererseits geht der jüngste Trend bei Software-Synthesizern dahin, Wavetables und Waveshaping einzubauen. Ich hatte das Gefühl, dass "opsix" letzteres beinhaltet, aber für mich persönlich ist dieser Bereich nicht so sehr "FM".

F: Um ehrlich zu sein, ist es am Anfang ziemlich schwierig, FM vollständig zu verstehen. Ich denke, der erste Schritt zum Verständnis von FM ist es, selbst Hand anzulegen und seine eigenen Algorithmen zu bearbeiten. Aber mit dem opsix ist es in gewisser Weise wie mit einem normalen analogen Synthesizer, da man verschiedene Wellenformen auswählen und die Filter manipulieren kann. In gewisser Weise ist das eine leichtere Version von FM. Was ist für Sie wichtig, wenn man wirklich tief in die FM-Welt eintaucht?

Wenn es FM ist, mache ich es als FM, und wenn nicht, sehe ich es als additive und Wellenform-Synthese. Wenn ich die FM nicht moduliere, ist es ein additiver Sound mit 6 Oszillatoren, dem ich verschiedene Wellenformen hinzufügen kann, also wie eine additive Synthese mit Filtern. Es ist ein bisschen wie ein virtuelles Analoggerät. Es sind also zwei völlig unterschiedliche Ansätze.

Das erste Mal, als ich versucht habe, mit opsix etwas zu machen, das nicht FM war, war es eine "Super SAW". Also habe ich einen Haufen Sägezahnwellen gemacht und sie verstimmt, und es hat funktioniert. Damals hatte ich das Gefühl, endlich im 21. Jahrhundert zu sein (und nicht mehr in den 80ern)!

F: Sie sagten, Sie würden auch genau so gerne einen Software-Synthesizer mit nur zwei Operatoren verwenden.

Bei zwei Operatoren ist es am Einfachsten zu verstehen, dass es nur einen Träger und einen Modulator gibt. Ich kann nur wählen, ob ich sie parallel oder in Reihe schalte, aber die Grundidee der Modulation und der Veränderung der Obertöne des Ausgangs ist leicht zu verstehen. Wenn es mehrere Operatoren gibt, ändert sich die Art und Weise, wie ich über die Verbindungen nachdenke, je nachdem, ob es sich um additive oder FM-Modulationen handelt usw. Es ist sehr einfach, und ich kann eine Vielzahl von Klängen erzeugen. Nicht nur die ursprüngliche Sinuswelle, sondern seit dem OPL2 (*YM3812-Äquivalent) kann ich aus vier verschiedenen Wellenformen wählen, so dass ich die sägezahnähnliche Wellenform verwenden kann, die die Sinuswelle in vier Teile unterteilt, die beiden Stimmen verstimmen und sie zu einem satten Streicherklang kombinieren kann. Mit reinen Sinuswellen kann ich das nicht machen, auch nicht mit vier Operationen. Aber mit dem opsix kann ich das machen, wenn ich einfach eine andere Wellenform als Sinus wähle.

F: Bei analogen Synthesizern ist die Struktur einfach zu verstehen: Oszillator, Filter, Verstärker und so weiter, und die zwei Operatoren wären da also da ein bisschen näher dran.

Der ARP ODYSSEY kombiniert ebenfalls zwei Oszillatoren und wendet FM-Modulation an. Ich denke also, dieses Konzepts gibt es schon lange, aber es wurde mit dem Opsix auf einfachere Weise reproduziert.

F: Das ist die Sache, die wirklich interessant ist, vor allem, wenn man plant, wie man seine Klänge gestaltet. Und es könnte sogar hilfreich sein, wenn man seine Sounds mit dem opsix erstellt!

Der opsix hat gute Fader (im Operator-Mixer). Wenn ich zwei Operatoren haben möchte, kann ich einfach die vier anderen Schieberegler herunterdrehen. Es ist einfach zu verstehen, wie man hier einen Sound erstellen und anschließend layern. Das ist wie bei einer Orgel, bei der man mit den Zugriegeln Obertöne hinzufügt.

F: Sie verwenden auch den wavestate, richtig?

Ich verwende den wavestate häufiger als den opsix, weil die Patches so reichhaltig und "vollständig" sind. Immer, wenn man aufgefordert wird, eine bestimmte Klanglandschaft zu schaffen, kann ich leicht einen Sound finden, der zu diesem Bild passt. Wenn ich einen Hintergrundsound brauche, starte ich wavestate, wähle eine Voreinstellung und passe sie dann noch besser an das Stück an. Es mag Sie überraschen, aber ich bin ein ziemlicher "Preset-Mensch". Es sieht so aus, als hätte ich schon viele Sounds erstellt, aber wenn es um die Arbeit geht, wähle ich eine Voreinstellung, die am besten zum Image des Kunden passt, und bearbeite den Patch. Wenn ich anfange, Sounds von Grund auf neu zu erstellen, verliere ich unendlich viel Zeit und komme vom großen Ganzen, nämlich der gesamten Komposition, ab.

Ich wollte den wavestate bei der Arbeit verwenden, weil er viele Sounds enthält, die die Klanglandschaft erweitern. Außerdem gefiel mir die Tatsache, dass KORG etwas auf den Markt gebracht hatte, das sich von dem unterschied, was ich bis dahin verwendet hatte, und ich wollte den wavestate so schnell wie möglich ausprobieren. Also kontaktierte ich Mr. Sano (Denji) und konnte mir ein Demo-Gerät ausleihen.

F: Was hat Sie am wavestate besonders angesprochen?

Früher hatte ich tatsächlich eine WAVESTATION AD. Seitdem liebte ich das Wavesequencing, aber ich musste die sehr feinen Details kontrollieren, um die gewünschten Patches zu erzeugen. Das Erste, was mich an Wavestate reizte, war die Tatsache, dass alles auf dem Panel war, so dass ich einfach die Wavesequenz ändern konnte und der voreingestellte Sound sich immer wieder veränderte. Das machte es wirklich einfach, die Sounds zu entwickeln, die ich im Sinn hatte.

F: Vielleicht sind es die vielen einfach zu veränderbaren Elemente, die die Entwickler so faszinieren.

Eines der Dinge, die ich an KORG immer gemocht habe, sind die Presets. Sogar bei meiner Electribe habe ich hauptsächlich die Presets verwendet. Aber wenn ich sie ein wenig verändern möchte, kann ich das tun. Es ist großartig, dass die Regler auf der Vorderseite zu finden sind, und diese DNA der KORG-Produkte wurde offensichtlich an diese Synthesizer weitergegeben.

F: Wenn Sie den wavestate verwenden, importieren Sie ihn in die DAW?

Ich mache zum Beispiel zuerst einen Beat mit einem Sampler, dann suche ich etwas auf dem wavestate, das zum Beat passt und nehme es temposynchronisiert über USB auf. Wenn ich einem Track ein wenig Ambiente hinzufügen möchte, füge ich nicht nur ein typisches Synth-Pad hinzu, sondern schaue, ob ich etwas Chaotisches hinzufügen kann, das für die Wavestate charakteristisch ist. Wenn ich denke, dass es passt, nehme ich es schließlich auf.

--- Wir danken für dieses Interview!

Improvisierter Track von Yuzo Koshiro

*Please turn on CC on YouTube.