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Extras

Künstler

2014.06.01

Helmut Zerlett

KORG im Gespräch mit Helmut Zerlett



Helmut Zerlett über seine vielschichtige Arbeit als Filmkomponist, Musiker und Musical Director bei „Harald Schmidt“. Im Fernsehen ist er häufig zu sehen – ganz Deutschland kennt ihn seit Mitte der 1990er als Kopf der Studioband von „Die Harald Schmidt Show“, „Schmidt und Pocher“ und – aktuell – „Harald Schmidt“. In Sachen Kreativität allerdings ist Helmut Zerlett ein echter Tausendsassa und neben seinem Job als Musical Director bei Schmidt in zahlreichen weiteren Projekten aktiv: Mit Westernha  on Menschen, mit seiner Band „Trance Groove“ hat er erst vor wenigen Monaten ein neues Album veröffentlicht. Darüber hinaus komponierte der Kölner die Musik für diverse Film- und Fernsehproduktionen – zum Beispiel für „Jerry Cotton“, der im März in die Kinos kommt.


Ein bisschen überkommt einen im Gespräch mit Helmut Zerlett das Bedürfnis, den Atem anzuhalten: Wenn der 52-Jährige in seinem Kölner Studio beginnt, von seinen zahlreichen musikalischen Projekten zu erzählen, dann hat man das Gefühl, er könne noch tagelang weitersprechen, ohne dass es auch nur einen einzigen Augenblick langweilig würde: von seinen Auftritten mit Westernhagen, seinen Jam-Sessions in Kölner Kneipen oder seiner Arbeit als Musikkomponist für Filme wie „Neues vom Wixxer“, „Maria an Callas“ und „Jerry Cotton“. Dabei wirkt er so unglaublich relaxed, dass man meinen könnte, er würde nicht unter zum Teil hohem Zeitdruck an Millionenprojekten mitwirken, sondern seinen Tag damit verbringen, im Garten ganz gemütlich ein paar Tulpenzwiebeln zu setzen.
„Das Gradlinige liegt mir nicht“

Da ist es irgendwie beruhigend zu hören, dass auch ein Helmut Zerlett schon mal unter Stress gerät – dann nämlich, wenn es mit der Kreativität einmal nicht so klappen will, wie es eigentlich soll: „Du kannst halt nicht auf Knopfdruck kreativ sein, das ist schwierig.“ 
Wenn es mit den Ideen mal nicht so läuft, wie Zerlett möchte, dann versucht er, sich abzulenken, läuft eine Runde durch den Wald. Meistens, sagt er, funktioniere das: „Dann kommst du zurück und siehst die Dinge plötzlich ganz anders.“ Manchmal haut es eben aber auch dann nicht hin. Und wenn das so ist, wenn die Ideen sich tatsächlich mal zwei, drei Tage lang partout nicht einstellen wollen, dann macht das auch einen gestandenen Komponisten wie Zerlett immer noch nervös: „Gerade so eine Auftragsarbeit wie ein Kinofilm ist ja an ganz feste Termine gebunden. Und im Schnitt schaffst du drei Minuten am Tag, wenn du gut bist. Wenn du dann weißt, du hast noch so und so viel zu tun und nur noch eine begrenzte Zeit dafür übrig, dann ist dir völlig klar: Es muss jetzt was passieren.“ Damit es am Ende doch immer wieder hinhaut, benötigt man Disziplin, sagt er. „Aber man braucht auch Disziplinlosigkeit. Ich jedenfalls kann nicht immer den Weg geradeaus auf ein Ziel zugehen. Damit ich wirklich kreativ werde, muss ich bis zu einem gewissen Grad auch eine Schlängel-Tour machen: Ich fange was an, dann gefällt mir das nicht, dann probiere ich was anderes. Oder ich gehe weg, mache mir ein Brot, laufe durchs Haus, spiel ein bisschen am Klavier, komme wieder zurück und höre mir alles nochmal an. Das Gradlinige liegt mir nicht so, es behindert mich eher.“

Das spiegelt sich auch in der Vielschichtigkeit seiner Arbeit wieder, die immer wieder neue und ganz unterschiedliche Herausforderungen an ihn stellt: Nach der Arbeit an „Jerry Cotton“, für den Zerlett gemeinsam mit Christoph Zirngibl fast 70 Minuten Musik komponierte, die dann komplett am Computer vorproduziert und letztlich live mit großem Orchester in Babelsberg eingespielt wurde, arbeitet er derzeit zum Beispiel an der Kinderserie „Rennschwein Rudi Rüssel“, plant die nächsten Live-Auftritte mit „Trance Groove“ und wird in Kürze mit der Arbeit für einen Animationsfilm beginnen.

„Das SV-1 ist da für meinen Geschmack genau der Weg, wo es hingehen soll..."
Und auch nach einem Abend im Live-Studio mit Harald Schmidt läutet Zerlett noch lange nicht zwangsläufig den Feierabend ein: „Mein SV-1 von KORG packe ich zum Beispiel oft nach der Sendung einfach ein, mache einen Live-Gig in einem Jazz-Club und spiele mit Jungs eine Jam-Session.“ Überhaupt würde er sein neues SV-1 wohl ungern wieder hergeben. Denn das hat in der Show, ebenso wie die M3 73 mit eingebautem RADIAS Rack, inzwischen seinen festen Platz. Tatsächlich hat das SV-1 sogar das original Wurlitzer verdrängt, auf dem Zerlett früher spielte: „Das Wurlitzer ist eben einfach ein altes Instrument, das auch entsprechend empfindlich ist. Mit dem SV-1 kann ich mich mit einem Wurlitzer-Sound wesentlich besser durchsetzen als mit dem Original. Man muss nicht so stark reinhauen, die Anschlagsdynamik ist stärker als beim Wurlitzer – was für Puristen vielleicht ein Nachteil sein mag. Aber ich finde es gerade gut, weil ich dadurch den Wurlitzer-Sound noch präsenter in der Band unterbringen kann. Darüber hinaus hat das SV-1 natürlich noch diverse andere Vintage-Klaviere wie das Fender Piano oder das Clavinet. Und da ich auch die sehr gerne und auch schon sehr lange spiele, vereint das SV-1 für mich einfach mehrere Möglichkeiten.“
In der Show ist das SV-1 dann beispielsweise regelmäßig im Intro und im Outro zu hören: „Das fängt mit Orgel an und geht dann weiter mit dem SV-1 mit einem Wurlitzer-Solo.

Die M3 ist für Spezialeffekte oder Spezialsounds zuständig – wenn ich eine Fläche oder einen spannenden Sound kreieren will, dann werde ich bei der M3 sehr schnell fündig.“ Gerade beim SV-1 ist Zerlett auch von der Handhabung begeistert: „Das SV-1 ist da für meinen Geschmack genau der Weg, wo es hingehen soll: Ich bin nicht so der Fan von Displays, wo man dreihundert Mal durchsteppen muss. Ich hab gern Knöpfe, an denen ich drehen kann – und da kommt mir das SV-1 absolut entgegen.“ Auch die Übersichtlichkeit gefällt ihm – gerade im Hinblick auf die Verwendung von Sounds: „Ich bin niemand, der sehr viel programmiert. Ich lasse mich oft von vorhandenen Sounds inspirieren. Allerdings bin ich auch nicht der Typ, der 300 Sounds hintereinander hört, ich suche lieber gezielt danach. Da kommt einem eine übersichtliche Bank sehr entgegen – und das ist beim SV-1 natürlich supercool gemacht.“  

Bei seiner Arbeit für Filmproduktionen greift Zerlett dagegen gerne auf die virtuellen KORG-Geräte zurück: „Bei der Legacy Cell hat man eine wunderbare Kombination aus verschiedenen Sounds, weil da auch der MS 20 mit dabei ist. Oft benutze ich die für untergründige, spannungserzeugende Flächen, manchmal auch für treibende Sequenzer-Beats, die bei Verfolgungsjagden sehr gut geeignet sind. Mit der Wavestation kann man wunderbar mythische Flächen erzeugen.“

Helmut Zerlett
und Jan-Heie Eichinger (Jazzkantine) haben Freude am SV-1

Zurzeit machen die Arbeit für die „Harald Schmidt“-Show und das Komponieren von Musik für Regisseure, Produktionen und Produzenten bei Zerlett, wie er sagt, den weitaus größten Teil seiner Arbeit aus. Live-Konzerte sind dann immer wieder eine willkommene Abwechslung. Und auch dort sind KORG-Geräte immer wieder mit dabei: „Da habe ich oft mehrere Kaoss Pads, die ich an allen Geräten dran habe – denn ich arbeite sehr gerne damit, weil ich sehr viel mit Echo und Hall moduliere. Und dafür sind die Kaoss Pads natürlich optimal.“ Und auch bei der Entstehung des neuen Albums seiner Band „Trance Groove“, „playing with the chelsea girls“, das live bei einem Open-Air-Konzert zum Film „The Chelsea Girls“ von Andy Warhol aufgenommen wurde, war KORG mit vertreten – in Form der M3: „Ich wollte dafür etwas haben, das Vintage ist, dafür hatte ich das Wurlitzer dabei, aber ich wollte auch etwas auf der Bühne, mit dem ich experimentieren kann – und mit der Kombi aus M3 und Radias hast du halt, gerade was die Synthetik angeht, unglaubliche Möglichkeiten: Du kannst in den verschiedensten Formen arbeiten, hast aber auch ein paar Preset-Sounds und viele Knöpfe, an denen du drehen kannst… Hätte ich damals das SV-1 schon gehabt, hätte ich das auch mitgenommen. Das Wurlitzer hat dabei ganz schön gelitten, es war sehr spät, sehr kalt und da ist auch mal ein Glas Wein reingefallen …“, erzählt Zerlett mit einem Grinsen.

Wenn er mit all den Projekten, die in diesem Jahr noch anstehen, durch ist, will Zerlett erst einmal „Urlaub machen, Luft schnappen und Kräfte tanken“ für neue Projekte – um zum Beispiel endlich sein Solo-Album zu Ende zu produzieren: „Da ich da schon zehn Jahre dran bin, hab ich jetzt jemanden genommen, der das von außen macht – ich selber arbeite offenbar nur unter Druck gut, also muss es jemand anderes in die Hand nehmen, weil ich sonst immer wieder andere Projekte vorschiebe.“ Auch das dürfte interessant werden: „Ich hab mit verschiedensten Künstlern gearbeitet, unter anderem mit Sly and Robbie, Gentleman und Rolf Stahlhofen, Maxim Rad und auch meine Tochter Isis singt – das ist eine sehr, sehr bunte Mischung mit verschiedensten Formen von Gesang und Stilen von Space bis Rhythm.“ Man darf gespannt sein.