0123456789
list icon
list icon

Extras

Künstler

2018.07.01

Klaus Sahm

NICHT HEIMLICH. Ein bisschen still, aber SICHER NICHT LEISE!
Der Keyboarder, Fotograf und Regisseur macht Karriere an der Seite großer Namen und trägt längst selbst einen: Klaus Sahm
Obwohl das hochbegabte Multitalent Klaus Sahm schon viele ambitionierte Ziele mit Fleiß, Einsatz und Risikobereitschaft erreicht hat, die andere nur mit dem Fernglas avisieren, der Erfolg sich also längst latent eingestellt hat, steht der junge Mann selbst selten im Rampenlicht und führt ein relativ normales Leben. Im Gegensatz zu vielen der Musikerinnen und Musiker, die Klaus als Keyboarder, Musical Director, Fotograf oder Filmer begleitet, ist sein Leben nicht durch ein zu großes öffentliches Interesse an seiner Person eingeschränkt. So kann er sich trotz seines großen Erfolges in einem sehr spannenden, weil abwechslungsreichen Job, in dem er immer wieder neue Menschen kennenlernt und viel unterwegs ist, frei bewegen.

Wie dem auch sei: Um die musikalische Entwicklung von Klaus Sahm zu beschreiben, wurden einst Charakteristika wie Bilderbuchkarriere erfunden. Klaus Sahm ist nicht einmal Ende Zwanzig, sondern erst auf dem Weg dorthin und wird bereits zu diesem frühen Zeitpunkt von der Elite der deutschen Popmusik gebucht oder ist festes Mitglied der entsprechenden Begleitbands. An Referenzen mangelt es dem Mann für die Fleißkärtchen definitiv nicht und die Quoten für eine Änderung dieses mit Leidenschaft erarbeiteten Umstands stehen sehr schlecht. Und die Damen und Herren Frontmusikanten dürfen auf höchstem Niveau wählen, Herr Sahm beherrscht die Gitarre in ihren verschiedenen Varianten ebenso wie Tasteninstrumente. Genug der beeindruckenden biographischen Ballstafetten? Mitnichten.

Klaus ist ein Künstler im Wortsinne, einer der Sorte, die keine Grenzen für sein Schaffen kennt und sich niemals Gedanken machen muss über Jobs; zu breit ist der Wahl-Berliner mit Wurzeln im eher selten aufregenden Siegerland aufgestellt, zu hoch die Qualität seines Tuns, zu groß die Leidenschaft.

Während andere sich über ein Gott gegebenes Talent freuen, wurde Klaus Sahm gleich mehrfach bedacht: Tasten und Saiten sind bereits angesprochen, aber auch in der Funktion als Bandleader und Musical Director hat er in vielen Projekten seinen Platz gefunden. Neben diesen musikalischen Großtaten hält er bereits seit Jahre den Status als Geheimtipp für Fotografie und Bewegtbild. Wer seine schicke Homepage besucht, findet weit mehr Informationen über seine Arbeit als Künstler hinter der Kamera, als auf der Bühne.. Hier ein knackiges Bewegtbildprojekt, dort ein bemerkenswerter fotografischer Arbeitsnachweis, schön, wenn Kreativität und Flexibilität einander nicht nur vom Hörensagen kennen.

Abgerundet wird das Bild also durch hochwertige Medienprodukte, bei denen diverse Fotografenkollegen anerkennend nicken – im Zeitalter der sozialen Medien ein großes Plus sowohl für die Marketing- und SocialMedia-Beauftragten von Managements und Plattenfirmen als auch für die Künstlerinnen und Künstler, die er somit nicht nur musikalisch begleitet.

Klaus Sahm gehört im Auge behalten, genauestens beobachtet, aus der Ferne begleitet, mindestens. Er ist eine personifizierte Lernstation, ein Ideenschmelztiegel, ein Nimmermüder. Klaus Sahm steht für die Kategorie Bandmember, den jeder Protagonist gerne hinter sich weiß, jemand, auf den man nicht verzichten möchte. Klaus Sahm lebt eine Karriere, die nicht heimlich verläuft, ein bisschen still vielleicht, aber sicher nicht leise. Und so machten wir uns auf, den Mann persönlich zu befragen und nutzen die Gelegenheit eines Gigs mit Max Giesinger, dessen Band sich erstaunlicherweise konsequent aus alten Mannheimer Popakademietagen rekrutiert, dessen Mitglieder zudem alle eine Zeit lang in der gleichen Straße wohnten und seitdem eng befreundet sind. Sachen gibt’s. Beim lauschigen Konzert später am Abend wird der interessierte Journalist dann aber verstehen, warum dieser Umstand erwähnt gehört, insbesondere in einer Geschichte über Klaus Sahm, denn der Kerl hält die musikalischen Fäden in der Hand.

Klaus, wir stehen auf einer Max Giesinger-Bühne direkt vor Deinem Arbeitsplatz; bitte erkläre uns den kurz und auch Deine Aufgaben in dieser Band.

Ja, das ist richtig, wir stehen direkt vor meiner Keyboard-Burg; neben meiner Tätigkeit als Keyboarder hier bei Max bin ich eben auch der Musical Director. Wir haben uns im Vorfeld gemeinsam überlegt, wie wir die Songs von Platte auf die Bühne bringen und welche Rolle jeder Musiker in der Band dabei spielt. Während des Konzerts haben wir zwar eine Setliste, aber auch da kann sich jeden Abend etwas ändern und es liegt an mir, wann wir Songs beginnen oder wie Übergänge gestaltet werden. Sollte sich in den Songs oder in der Setliste etwas ändern, hab ich hier immer das KORG nanoPad liegen, womit ich verschiedene Click- oder Backing-Tracks im Rechner ansteuern und gegebenenfalls Änderungen vornehmen kann.

Aber zurück zur Keyboard-Burg: Mein Hauptinstrument ist der KORG KRONOS 2 mit 88 Tasten. Hier kommen alle Klavier-, Brass und vor allem Streicher-Sounds raus, weil es mir wichtig war, so viele Produktionssounds wie möglich der letzten beiden Alben nachzuempfinden. Ich nutze außerdem auch externe Libraries wie die von Kurt Ader, um genau meinen eigenen Sound zu finden – das ist mir vor allem bei den Klaviersounds sehr wichtig. Für uns hier bei Max Giesinger war es sehr relevant, alle Studiosounds auch live aus den Keys rauszuholen. Das bietet uns der KRONOS mit seinen neun Soundengines und Gigabyte an Samples. Sehr cool ist für mich, dass ich jederzeit in die Sounds eingreifen und zum Beispiel definieren kann, ob meine Streicher- Sounds viel oder wenig Dynamik haben sollen. Oder einfach ohne Unterbrechung zwischen den Sounds wechseln, das ist über den Setlisten-Modus total gut regelbar. Du brauchst gerade noch Streicher und in zwei Sekunden ein Upright-Klavier, kein Problem. Es ist für jeden Keyboarder sehr wichtig, dass er sich auf seine Hardware verlassen kann. Computer können ein hilfreiches Tool auf der Bühne sein, jedoch gibt es immer verschiedenste Fehlerquellen – entweder der Computer selbst, die DAW, die Soundengine oder zum Schluss die Soundkarte. Deshalb nutze ich zur Sounderzeugung nur den KORG KRONOS und hatte bisher auch noch keinen Ausfall.

Kommen wir zur unserer Aufstellung als Band auf der Bühne. Wir sind alle leicht eingedreht, weil wir uns so besser sehen können und auch besser abstimmen und überhaupt besser kommunizieren während des Konzerts. Die Band selbst ist beinahe klassisch zusammengesetzt, es gibt das Schlagzeug, die Gitarre, einen Bass, die Keyboards und Main Vocals, also Max Giesinger, der gleichzeitig auch noch Gitarre und Klavier spielt. Für sein Tastenspiel nutzt Max das KORG SV-1, das hier bei uns in ein Klappklavier eingebaut ist. Dieses Gerät soll völlig autark bleiben auf der Bühne, wir wollen es hinschieben können, wo wir wollen. Haben wir einen Steg, können wir es da positionieren, haben wir den nicht, steht es eben wie hier, in der Mitte der Bühne. Dafür nutzen wir eine unterbrechungsfreie Stromversorgung sowie eine MIDIFunkstrecke mit Verbindung zum KRONOS. Diese Möglichkeiten sind vor allem auf großen Bühnen absolut super, weil wir das Klavier wirklich hinschieben können, wo wir wollen und jederzeit absolut autark bleiben und einen tollen Sound haben.

Du spielst in verschiedenen Funktionen bei unterschiedlichen musikalischen Projekten mit; verändert sich Dein Set-up abhängig vom Act?

Ja, mein Set-up ist immer abhängig von dem musikalischen Umfeld, aber in jeder Produktion nutze ich Keyboards von KORG. Vergangenes Jahr beispielsweise war ich sehr viel mit Namika unterwegs und da hatte ich neben dem KRONOS auch ein KingKORG im intensiveren Einsatz, um einfach mehr Synthiesounds anbieten zu können. Bei Yvonne Catterfeld Anfang des Jahres hatte die Produktion dann wieder andere Schwerpunkte und ich war mit dem KRONOS am Start. Das ist einer der Vorteile des KORG-Fuhrparks: Es gibt für jede Produktion das passende Instrumentarium.

Bei Max Giesinger liegt einer der Schwerpunkte eben auch auf dem SV-1, das wir nicht nur auf der Bühne nutzen, sondern auch bei Promoterminen wie Radioauftritten.

Ihr klingt als Band mit Max Giesinger vorne sehr homogen, sehr spielfreudig, sehr lebendig. Was ist Euer Geheimnis?

Wir spielen seit vielen Jahren zusammen und kennen uns noch viel länger. Angefangen hat alles mit dem Studium an der Popakademie in Mannheim, wo sich außerdem eine enge Freundschaft gebildet hat – begünstigt durch die Tatsache, dass wir alle in derselben Straße gewohnt haben.

Glaub‘ mir, irgendwann kennst du die Stärken und Schwächen, auch die spielerischen, von jedem Einzelnen. Genau das führt aber dann eben auch zu dieser Homogenität, von der du sprichst. Aber natürlich funktionieren wir auch so gut zusammen und klingen gut, weil wir in diesem Zeitraum jährlich rund 100 Konzerte zusammen gespielt haben.

Klaus Sahm ist Keyboarder. Klaus Sahm ist Gitarrist. Klaus Sahm arrangiert. Und ja, Klaus Sahm ist ein hochtalentierter Fotograf für Stand- und Bewegtbild? Welche Talente kennen wir noch nicht von Dir?

Malen nach Zahlen kann ich ziemlich gut! (lacht) Ja, es stimmt, wenn ich nicht auf der Bühne stehe, um als Keyboarder oder Musical Direktor zu arbeiten, fotografiere ich sehr intensiv und arbeite als Filmer für Musikvideos, EPK’s oder Dokumentationen.

Im vergangenen Jahr hatte ich außerdem die Möglichkeit, meine erste TV-Dokumentation zum neuen Album von Yvonne Catterfeld zu drehen und zu produzieren – das war ein sehr spontanes und dadurch auch zeitintensives Projekt, was mich ein paar schlaflose Nächte gekostet hat, weil ich bisher noch nie in diesem Bereich gearbeitet habe. Die Tatsache, dass am Ende alles geklappt hat und das Ergebnis darüber hinaus auch auf DVD gepresst wurde, war für alle Beteiligten und mich persönlich ein besonderes Erfolgserlebnis.

Bei Max habe ich neben Pressebildern auch alle Fotos für die letzten beiden Alben machen dürfen sowie das Artwork von „Laufen Lernen“. Das sind schöne Möglichkeiten, mich auch noch auf andere Art und Weise in das jeweilige Musikprojekt einzubinden. Und natürlich ist es immer gut, wenn man nicht nur Musik anbieten kann, sondern direkt auch Foto- und Videoarbeiten, so war es bei Tim Bendzko, bei Namika, bei Yvonne Catterfeld, so ist es seit langer Zeit bei Max. Ich habe meine Kamera immer dabei und bin quasi immer in nächster Nähe am Geschehen, was ein sehr großes Privileg ist. Was mich bei allen Jobs, wenn ich die Musik, die Fotografie und das Filmen denn mal so sehe, antreibt, ist, dass wir immer Neues erschaffen. Die Max Giesinger Band spielt seit sechs Jahren zusammen, wir kennen uns wirklich gut, verstehen uns super, und dennoch sind wir immer in der Lage, etwas Neues zu entwickeln. Das ist faszinierend und für mich ein Antrieb, der eben auch für die Arbeit mit der Kamera gilt.

Bist Du fotografierender Musiker oder musikalischer Fotograf? Oder siehst Du Dein Engagement weniger gern in diesen Schubladen, auf die Menschen gerne zurückgreifen?

Die Frage stelle ich mir manchmal tatsächlich selbst, aber im Alltag sind beide Bereiche bei mir klar getrennt. In meinem Kontext verlangen beide Berufe, der des Musikers und der des Fotografen oder Kameramanns, schlicht und ergreifend andere Herangehensweisen. Als Musiker bin ich vielleicht noch eher Künstler im eigentlichen Sinne, während ich als Fotograf mit einem festen Auftrag und Ziel, seien es Plattencover oder Pressebilder für einen bestimmten Act, wieder eher als Dienstleister arbeite und nicht immer eigene künstlerische Ideen einbringen kann.

Wie eben angedeutet, liegt mein Vorteil aber ganz klar darin, im musikalischen Bereich meine Tätigkeit an der Kamera immer mit anbieten zu können und so auch in anderen Funktionen von Plattenfirma oder Management wahrgenommen werde.

Hast Du fotografische Vorbilder?

Ich glaube, so ein richtiges Vorbild habe ich nicht, aber es gibt schon viele Fotografen, die ich sehr gut finde und deren Arbeit oder Fleiß mich inspirieren. Meist sind es junge Fotografen wie das Übertalent Joey Lawrence, der mit 28 nur ein Jahr älter ist als ich, aber selbst schon so ziemlich jeden amerikanischen Film und Musikstar vor der Linse hatte und ein sehr gutes Auge für Inszenierung und Setting hat. Dann denk ich mir: ‚Krass, ich muss los und üben!

Kannst Du angesichts der Vielzahl an Projekten, Produktionen und Jobs sagen, wohin Deine musikalische Reise gehen wird? Was sind Deine Ziele?

Generell will ich versuchen, weiterhin so vielseitig wie möglich zu arbeiten. Bis vor einigen Jahren habe ich noch des Öfteren als Gitarrist mit meiner Hardcore-Band gespielt, nebenbei ein paar Musical-Jobs als Pianist begleitet und anschließend mehr und mehr meinen Weg in die Popmusik gefunden. Das Ziel liegt also eher darin, eine Herausforderung nach der anderen anzunehmen und zu meistern.

Was Dir eindrucksvoll gelingt. Deine Ideen und Arrangements stecken in einigen Produktionen der genannten Größen. Wie intensiv sind Deine Ambitionen für eigene Projekte?

Leider habe ich momentan keine Zeit mehr, um eigene Projekte umzusetzen. Ich würde allerdings sehr gerne einmal mehr eigene Musik produzieren, seien es ganze Songs oder nur Instrumentals, oder auch mal ein eigenes, persönliches fotografisches Projekt in Form einer Ausstellung oder eines Fotobuchs umsetzen.

Du hast Dir Deinen Status als gefragter Livemusiker und Mann hinter diversen Kameras hart erarbeitet. Wie sieht ein normaler Arbeitstag für Dich aus? Wie viel Zeit verwendest Du etwa auf Proben oder auch auf Deine Ausstattung, die angesichts Deiner Aktivitäten umfangreich sein muss?

Die Tatsache, dass ich nebenbei eben viel fotografiere, filme und toure, lässt selten einen normalen Arbeitsalltag zu, da ich jeden zweiten Tag woanders aufwache. Wenn ich dann mal drei, vier Tage am gleichen Ort oder in meiner Wahlheimat Berlin verbringe, stehe ich meist früh auf, bearbeite den ganzen Tag Bilder, beantworte Mails, telefoniere sehr viel und versuche, mir neue Musik anzuhören. Dieses Jahr spielen wir alleine mit Max schon knapp 160 Konzerte und ich habe bisher vielleicht 30 Tage in meiner Wohnung verbracht. Das heißt, proben ist immer an bestimmte Projekte gebunden und die Ziele, die ich mir am Instrument setze, mehr im Bezug auf Sound als auf Spielfertigkeit, sind eher kurzfristig und projektgebunden.

Du sagst explizit, dass Musikhören Schwerpunkt Deines Alltags ist. Welche Musiker begeistern Dich momentan mit Innovation und technischem Knowhow?

Ich bin begeisterter Snarky Puppy Hörer, habe die Jungs vor einigen Jahren zum ersten Mal in New York getroffen und mir dort ein Trio-Konzert von Keyboarder Cory Henry angehört. Cory ist für mich einer der talentiertesten und vielseitigsten Keyboarder dieser Tage und was Snarky Puppy bei ihren Live-Konzerten veranstalten, ist das innovativste was ich zuletzt in den Bereichen Soul, Funk, Fusion und Jazz gehört habe. Unfassbar gut. Auch eine Band, die ich zuletzt viel gehört habe, ist Vulfpeck – sehr kluge und witzige Musiker, von denen jeder mindestens zwei Instrumente außerordentlich gut beherrscht. Gerade gestern war ich in Köln bei einem Mutemath-Konzert; eine meiner Lieblingsbands, die sich zurzeit sehr stark entwickelt, das hat mir aber auch sehr gut gefallen. Generell höre ich wirklich die verschiedensten Musikrichtungen und mag Vielfalt sowohl im Pop, Jazz, in der Klassik oder auch bei härterer Musik wie Hardcore oder Post-Rock. Mich beeinflusst alles was ich höre und ich versuche, von allem was ich sehe oder höre zu lernen.

Vielen Dank für das Gespräch, Klaus.