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Extras

Künstler

2014.09.08

Kai Lindner > Johannes Oerding

  

Kai Lindner studierte in München und Hamburg Klavier, Komposition und Produktion. Nach Engagements in verschiedenen Projekten tourt der 25-jährige derzeit mit Senkrechtstarter Johannes Oerding durch Deutschland. Im KORG Interview spricht der Keyboarder über Erfolg, Equipment und große Pläne.

KORG im Gespräch mit Kai Lindner



Kai, mit Johannes Oerding bekommt ihr sehr gute Kritiken, hattet Top-Platzierungen in verschiedenen Radio-Charts. Glückwunsch! Hättest du selbst mit dem Erfolg gerechnet?

Mit Erfolg habe ich schon gerechnet. Allerdings hätte ich nicht gedacht, dass sich in so kurzer Zeit so vieles verändern kann. Es ist einfach viel mehr als ich mir das vorgestellt und gewünscht hatte. Aber es ist natürlich toll, dass es so ist.


Ihr ward unter anderem Support für Simply Red, Ina Müller und Ich&Ich. Welcher Künstler hat dich dabei besonders fasziniert?

Eigentlich Ina Müller. Weil ich ursprünglich dachte, dass diese Musik nicht unbedingt für meine Altersgruppe geschrieben ist. Es war aber tatsächlich so, beim ersten Support-Konzert in Berlin, dass ich mir die ganze Show angesehen habe und unheimlich viel gelacht habe. Also definitiv Ina Müller.


Ihr spielt sowohl auf kleinen Club-Bühnen als auch auf den großen Brettern, die die Welt bedeuten. Was liegt dir persönlich mehr?

Es ist natürlich toll, wenn man auf Riesenbühnen vor vielen tausend Leuten spielt und die ordentlich mitfeiern. Aber es ist ein genauso tolles Gefühl, wenn man in einem kleinen, ausverkauften Club spielt. Wenn die Stimmung passt, ist es mir eigentlich egal, ob wir vor fünf oder tausend Leuten spielen.


Gerade geht es für euch steil bergauf. Was könnt ihr mit Johannes Oerding noch erreichen?

Ich denke ganz viel. Aber es ist auch schwierig. In der heutigen Musikbranche ist es nicht leicht, Fuß zu fassen, generell Chancen zu bekommen und viel zu spielen, Zuschauer zu animieren. Aber ich hoffe, es ist noch ganz, ganz viel drin.


Du verwendest viele verschiedene Klangwelten. Wie wählst du die Sounds für die einzelnen Songs aus?

Die Sounds wählen wir eigentlich im Bandkontext bei den Proben aus. Wir machen uns gemeinsam Gedanken darüber, wie die einzelnen Songs klingen könnten. Außerdem kommen unsere zwei Produzenten, Sven Jünger und Marc Smith, regelmäßig vorbei, hören in die Songs rein und unterstützen uns beim Arrangieren. Letztlich ist es Gemeinschaftsarbeit.


Wenn ein neuer Song entsteht, wie gehst du als Keyboarder da ran?

Im Prinzip ganz einfach: Mein Setup besteht aus dem M3XP als Piano, meinem Wurli und meiner Orgel. Da wir als Band insgesamt den Vintage-Sound sehr hoch halten, komme ich mit diesen drei sehr guten Grundsounds schon ziemlich weit. Dazu ein paar Modulationen, das reicht eigentlich.


Du hast gerade den Klaviersound angesprochen. Welche anderen Sounds des M3XP nutzt du?

Bei Johannes Oerding nutze ich tatsächlich für die eigenen Konzerte ausschließlich den Klaviersound. Für die Support-Konzerte bei kleinerem Setup nehme ich gerne auch den Wurli-Sound des M3XP, weil ich den auch sehr, sehr gut finde und ich ihn auch sehr gut editieren konnte, was mir persönlich einfach wichtig war, dass man manchmal noch ein bisschen Tremolo- oder verschiedene Amp-Effekte drauf hat.  


Du spielst das M3XP mit 88 Tasten und der Real Weighted Hammer Action 3. Wie fühlt sich das neue Tastaturkonzept für dich an?

Zunächst hat sich die Tastatur für mich sehr hart angefühlt. Ich brauchte ein bisschen, um mich daran zu gewöhnen, allerdings nur, weil ich von einem deutlich lappigeren Klavier komme. Mittlerweile habe ich mich aber sehr gut daran gewöhnt und wenn ich das Spielgefühl vergleiche mit den Flügeln, die ich in letzter Zeit so gespielt habe, dann finde ich es sehr nah an meinem Lieblingsflügel. Das ist äußerst angenehm.


Neben dem M3XP hast du auch einen microKORG XL in Betrieb. Wofür nutzt du den?

Witzigerweise nutze ich den MicroKORG XL sehr gerne zum Üben. Also, zum Beispiel im Bus oder im Studio. Und ich liebe die Funktion, mit dem Vocoder herumzuspielen, weil es mir unheimlich viel Spaß macht, alte Vintage-Vocoder-Sounds zu erzeugen. Und was ich am microKORG wirklich genial finde, ist das handliche Format: Du spielst neue Sachen im Proberaum oder Bus und nimmst sie dann einfach mit auf die Bühne. Das ist grandios auf Tour, wenn man viele Stunden auf der Autobahn verbringt.


Dein Setup besteht auch aus sehr ungewöhnlichen Komponenten. Stichwort VOX AC30. Das ist ja nicht unbedingt der typische Keyboard-Amp...

...da hast du vollkommen Recht. Aber ich liebe es, Sachen auszuprobieren und mache auch gerne Dinge, die nicht jeder macht. Außerdem habe ich das große Glück, den AC30 aus der Heritage-Collection zu spielen. Der hat allein durch die Blue Bulldog Lautsprecher eine wunderbare Wärme. Ich liebe diesen Amp.


Neben dem regen Live-Betrieb bastelst du auch ständig im Studio an neuen Projekten. Was steht aktuell an?

Gerade schreibe ich die Musik für einen Film der Filmakademie Hamburg mit. Außerdem bauen wir unser Studio gerade um. Vieles wird moderner, mit eigenem Serverraum zum Beispiel. Aber dadurch, dass ich im Moment viel auf Tour bin, finde ich tatsächlich wenig Zeit fürs Studio.


Was sind für dich als Keyboarder die größten Unterschiede zwischen Live- und Studioarbeit?

Im Studio hast du sehr viel Zeit für Details, Einstellungen, Modulationsmöglichkeiten. Live ist es für mich eher so: Es muss einfach funktionieren. Das ist das Wichtigste. Der Sound muss aber trotzdem qualitativ hochwertig sein und es muss mir selbst Spaß machen. Das steckt dann auch das Publikum an.


Du hast am Hamburger Ohnsorg Theater beim Musical „Rock op Platt“ mitgewirkt. Eine gute Erfahrung?

Ja, auf jeden Fall. Es war für mich total spannend und auch sehr witzig. Wir, die Band, waren als Hühner verkleidet auf der Bühne und haben ausschließlich die KORG X50 benutzt, auf denen der Leiter des Theaters, Stefan Hiller, unfassbare Sounds programmiert hat. Meine Aufgaben waren vor allem mehrstimmige Streicher- und Bläserarrangements. Eine feine Sache.


Du hast in Hamburg und München studiert. Seit kurzem unterrichtest du wieder in deiner Heimatstadt Neumünster. Muss man als Künstler irgendwann wieder zurück zu seinen Wurzeln, um sich selbst zu finden?

Das ist schwierig zu sagen. Es ist auf jeden Fall toll, ab und an wieder in Neumünster zu sein und an einer wirklich guten Musikschule zu unterrichten. Im Moment komme ich dazu allerdings nur wenig, weil gerade viel Johannes Oerding angesagt ist. Eine Wahnsinnsstimme. Muss man gehört haben!


Auch du hast in jungen Jahren mit Gesang angefangen, bevor du Gitarre und Keyboard für dich entdeckt hast. Wann kaufst du dein Erstes Schlagzeug?

Ich werde mir wohl nie ein Schlagzeug kaufen! Wir haben im Studio eins stehen und manchmal setze ich mich da ran und kriege einfach nichts gebacken (lacht). Ich finde Schlagzeug eines der schwierigsten Instrumente überhaupt. Was mich eher reizen würde, wäre Saxophon oder so was, mich fasziniert einfach der Sound. Aber im Moment bin ich mit den Tasten sehr glücklich.


In einem Song von Johannes Oerding heißt es „Die Tage werden anders sein“. Wo siehst du dich in zehn Jahren?

Mit genau dieser Band in genau dieser Besetzung auf den großen Bühnen – vielleicht auch nicht nur in Deutschland, sondern mit deutschsprachiger Musik auch international unterwegs. Im Moment sieht´s ganz gut für uns aus. Wir bekommen gerade sehr viel Unterstützung, spielen tolle Gigs als Support für großartige Künstler. Von mir aus kann es so weiter gehen.